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WEIH­NACHTS­GE­DÖNSE ODER WER BRAUCHT BRAUCH­TUM EIGENT­LICH

By on 17. Januar 2020

[5 Minu­ten — durch­schnitt­li­che Lese­zeit]

Ich möch­te Dich nicht anlü­gen: Vor Vik­tor gab es im Dezem­ber bei uns in der Woh­nung nichts, was auch nur im Ent­fern­tes­ten an Weih­nach­ten erin­nert. Viel­leicht ver­se­hent­lich eine rote Blu­me auf der Küchen­in­sel, die weih­nacht­lich anmu­te­te. Ansons­ten: nada. Bis Kind 1.0. bei uns ein­zog. 

Vik­tor war unge­fähr 9 Mona­te alt, als das Weih­nachts­fest für ihn das ers­te Mal anstand. Pünkt­lich einen Tag vor Weih­nach­ten ging die Dis­kus­si­on los, ob nun ein Weih­nachts­baum ange­schafft wer­den soll oder eben nicht. Immer­hin konn­te der Kna­be noch nicht ein­mal spre­chen und so rich­tig erin­nern wür­de er sich wahr­schein­lich sowie­so nicht dar­an, ob wir an sei­nem ers­ten Weih­nach­ten eine Tan­ne im Wohn­zim­mer ste­hen hat­ten oder nicht. Außer­dem ahn­ten wir bereits, dass so ein beleuch­te­ter Baum mit vie­len tol­len bun­ten Spiel­zeu­gen (Kugeln) dran sicher­lich eine gewis­se Fas­zi­na­ti­on aus­üben wür­de und das ein oder ande­re Kind ger­ne mit ihm spie­len möch­te. Mei­ne Schwie­ger­mut­ter gab den Anstoß, es trotz­dem zu tun. 

War­um?! Wegen der leuch­ten­den Kin­der­au­gen beim Anblick eines Weih­nachts­bau­mes und der Fami­li­en­tra­di­ti­on, die wir uns dazu aus­den­ken könn­ten. Mit die­sen sach­lich schwa­chen, aber emo­tio­nal schla­gen­den Argu­men­ten hat­te sie uns. 

Das ers­te Mal: Der Weih­nachts­baum­kauf

Am sel­bi­gen Tag sind wir also zu Dritt per Pedes los­ge­pirscht und schau­ten uns unvor­be­rei­tet Weih­nachts­bäu­me beim nächst­bes­ten Stand an. Wir sag­ten spon­tan „wenn schon, denn schon“ und kauf­ten statt der ange­dach­ten 1,50 m Tan­ne einen 3,50 m Koloss. Wir nei­gen zu „ganz oder gar nicht“ und ent­spre­chend über­rasch­te es die wenigs­ten Freun­de und Fami­li­en­mit­glie­der, die­ses Unge­tüm tem­po­rär in unse­rem Wohn­zim­mer vor­zu­fin­den. 

Eines hat­ten wir jedoch nicht bedacht: Wir hat­ten im Arm ein 10-kg-Kind und muß­ten jetzt mit die­sem rie­si­gen und nicht min­der schwe­ren Baum durch die hal­be Hood lau­fen, ihn zwei Eta­gen hoch buckeln (Auf­zug war zu klein) und ihn tada­aaaaa auch irgend­wie auf­stel­len. Wir stell­ten fest, dass wir doch einen pro­fes­sio­nel­len Auf­stel­ler benö­ti­gen und fuh­ren noch­mals los, um so ein Exem­plar in der Metro zu erste­hen. Mitt­ler­wei­le bereits nass geschwitzt von der Schlep­pe­rei und einem doch recht übel­lau­ni­gen Kind, wur­de unse­re Weih­nachts­tra­di­ti­on nicht ganz so besinn­lich, wie erhofft. Dafür war Lisa unglaub­lich erfolg­reich am nächs­ten Tag, da die Weih­nachts­baum-Deko­ra­ti­on bereits kom­plett um 50 Pro­zent rabat­tiert war. Das mach­te ihr so viel gute Lau­ne, dass sie trotz hal­bem Preis 200 Euro aus­gab. Aber: Wir waren danach wirk­lich maxi­mal ein­ge­deckt. Nie­mand konn­te sich da beschwe­ren. Tat auch nie­mand. 

Weih­nachts­ge­dönse von A bis Z

Seit­dem gibt es bei uns in jedem Jahr einen selbst­ge­schlepp­ten Weih­nachts­baum (mitt­ler­wei­le selbst­ge­zo­gen per Bol­ler­wa­gen), einen dilet­tan­tisch zusam­men­ge­wür­fel­ten Advents­kranz mit ech­ten Ker­zen, selbst geba­cke­ne Plätz­chen, wild ver­teil­te Lich­ter­ket­ten und natür­lich einen (oder auch 2 oder 3) Advents­ka­len­der. 

Und…jetzt bit­te alle fest­hal­ten: Wir gehen seit­dem jeden Hei­lig­abend mit den Groß­el­tern in die Kin­der­mes­se inklu­si­ve Krip­pen­spiel. Jepp, da hörst Du rich­tig und darfst auch mal tief durch­at­men. Bis­her war das immer gro­ßes Kino. Es gab etwas zu Lachen für Scha­den­freud­ler und auch für ver­kann­te Gesangs­ta­len­te gibt es in die­sen 45 Minu­ten viel zu tun. 

War­um braucht man Weih­nach­ten eigent­lich?!

Ob wir es ohne Vik­tor so machen wür­den? Die Wahr­schein­lich­keit liegt bei unge­fähr — groß­zü­gig geschätzt — 0 Pro­zent. Aber dar­um geht es ja eben: Man macht es als Eltern nicht für sich, son­dern für die leuch­ten­den Kin­der­au­gen. Um für die lie­ben Klei­nen die­se Zeit zu einer ganz beson­de­ren zu machen. Um für sie, die noch an Weih­nachts­wich­tel und Feen glau­ben, klei­ne Wun­der wahr wer­den zu las­sen. Für die Vor­freu­de, den Weih­nachts­zau­ber, den Leb­ku­chen­duft und für die schö­nen Erin­ne­run­gen. Dafür eben. Ob es Geschen­ke gibt? Logo. Ob wir jeden Kom­merz wie Valen­tins­tag dadurch auch hul­di­gen? Nö. Ob wir Sil­ves­ter knal­len? Nope. 

Und ja, wir fin­den es auch völ­lig ok, wenn jemand trotz Kind Weih­nach­ten kom­plett den Rücken kehrt und das gan­ze Weih­nachts­ge­dönse nicht in sei­ne Hei­li­gen Hal­len läßt. Wir haben uns aber dafür ent­schie­den. Es ist eine Her­zens­ent­schei­dung, die wir mitt­ler­wei­le selbst genie­ßen, fei­ern und mög­li­cher­wei­se auch mal über das Ziel hin­aus schie­ßen. #Cree­py­Christ­mas

mer wie­der in klei­ne Sus­hirol­len ver­wan­deln und in Schub­la­den und Schrän­ke ein­sor­tie­ren? Nope. War­um denn auch? Unser altes Sys­tem funk­tio­niert doch groß­ar­tig.

Lisa ver­sprach mir, dass ich nur 10 Minu­ten rein­schau­en müs­se und damit wäre sie schon glück­lich. Es gin­ge nur um einen Ein­blick in Falt­tech­nik. Ich war dage­gen.

Das Feld­ex­pe­ri­ment

Zwei Tage spä­ter hat­te sie alle mei­ne Kla­mot­ten mit dem neu­en Sys­tem ein­sor­tiert. Es sah sah rich­tig cool aus, da sie alles farb­lich sor­tiert hat­te. Gut, dass das kei­ne Zukunft haben wird, war selbst Lisa klar. Aber es ging um ein Feld­ex­pe­ri­ment, wie sie es nann­te. Sie sor­tier­te ein paar Tage spä­ter auch die Sachen von Vik­tor und sich um, sodass wir plötz­lich enorm viel Platz in den Schrän­ken hat­ten. Das war erstaun­lich, da wir vor­her nichts aus­sor­tiert hat­ten. 

Plötz­lich war ich inter­es­siert und frag­te sie nach einer Fol­ge zum The­ma Papier­kram. Denn was mit Klei­dung ging, müß­te doch auch auf das Büro zu über­tra­gen sein. Und da sah selbst ich Hand­lungs­be­darf. Nach 20 Minu­ten hat­te mich Marie am Haken. Ich schau­te mir drei Fol­gen hin­ter­ein­an­der an, da das Auf­räu­men der Kel­ler sowie Gara­gen mich mit­ten ins Herz traf. Die Män­ner schie­nen so befreit und vol­ler Ener­gie zu sein, nach­dem sie ihre Revier in einen Ort ver­wan­delt hat­ten, an dem sie sich ger­ne auf­hiel­ten. 

Was ich nicht tat: Weg­wer­fen. Aus­ge­mis­tet hat­ten wir tat­säch­lich sehr radi­kal bei unse­rem Umzug und das war aktu­ell nicht unser Pro­blem. 

On Fire

Noch mehr geschah in mir. Ich hat­te plötz­lich das Bedürf­nis mei­ne Han­dy-Apps zu sor­tie­ren, mein Lap­top, mei­nen Papier­berg, mei­ne Bücher, alles. Und es geschah etwas sehr merk­wür­di­ges: Ich fand es nicht nur enorm befrei­end, son­dern behielt das Sys­tem bei, den unser altes Sys­tem erschien mir nun doch nicht mehr so groß­ar­tig.

Klar, ver­such­ten wir auch Vik­tor zu über­zeu­gen abends ein wenig mit­zu­fal­ten und sei­ne Spiel­sa­chen vor dem Schla­fen­ge­hen wie­der an einen vor­ge­se­he­nen Ort zu brin­gen. Aber das Inter­es­se ist bis dato rela­tiv gering. Kon­dos Mäd­chen haben das Auf­räum-Gen wohl eher geerbt. Hier wird das sicher­lich noch etwas Zeit brau­chen, um es fest in die Fami­lie zu instal­lie­ren, wenn ich so den all­abend­li­chen Lego-Spiel­zeug­berg im Wohn­zim­mer betrach­te, den wir am Ende ver­stau­en wäh­rend Vik­tor bereits schläft. 

Nach­trag: Nach fünf Wochen gab es doch eine Ver­än­de­rung. Vik­tor räum­te mor­gens für die Putz­frau auf, damit sie nicht über sei­ne Sachen stol­pert. Frei­wil­lig und ohne Ein­mi­schung unse­rer­seits. Immer­hin liegt ihm die Gesund­heit von ihr am Her­zen. 

Bild­nach­weis: uns­plash | White and black bus with green pine tree sca­le model | Deni­se John­son
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