STUMMER SCHREI NACH LIEBE: WENN KINDER BEISSEN
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Hauen, Beißen und Co: Wie sangen es schon die Ärzte?! „Gewalt ist nur ein stummer Schrei nach Liebe“. Es wird Phasen im Leben Deines Kindes geben, an denen kommst Du nicht vorbei. Es wird zum Beispiel zwischendurch „kräftig austeilen“. Insbesondere wenn die Zwerge körperlich einigermaßen fit werden, aber geistig noch nicht auf dem Höhepunkt ihres Schaffens sind, sprich motorisch weiter sind als sprachlich. Da kann es passieren, dass Dein Zwerg sein Revier und/oder seine Spielzeuge mit aller Kraft verteidigt. Boxen, Kratzen, Beißen, Schupsen…Fäuste tanzen lassen.
Kräftemessen steht plötzlich an der Tagesordnung. Das kommt nicht unbedingt gut an auf dem Spielplatz, das kann ich Dir schon einmal verraten. Aber wie gesagt, es ist eine Phase und wird nach ein paar Wochen spätestens Monaten vorbei sein.
Was mache ich, wenn mein Kind andere Kinder schlägt?
Wie mit allen Dingen, ist inakzeptables Verhalten etwas, was man als Erziehungsberechtigter nicht weglächeln kann, sondern mit klaren Ansagen und eindeutigem Tonfall unterbinden muss. Bestimmt Auftreten und konsequent Handeln lauten hier die Zauberworte. Das klingt einfach, ist es leider nicht im Alltag.
Du kennst bestimmt folgende Situationen: Entweder flippen Eltern förmlich aus, wenn ihr Kind nur ein Glas Wasser im Garten von Dir verschüttet und tadeln es, als hätte es eure Ming-Vase absichtlich die Treppe runterrollen lassen. Oder anderes Extrem: Die Eltern bleiben erschreckend teilnahmslos, obwohl ihr Kind gerade eure Hütte abreißt. Denn den Zwerg gewähren lassen bzw. mit gleichgültigem Ton eine Standartfloskel säuseln wie „Das ist aber gar nicht lieb von Dir“ oder „Wenn Du Dich so verhältst, will bald kein Kind mehr mit Dir spielen“ bringt überhaupt nichts. Ich weiß nicht, wie es Dir geht, aber hätte Dich so etwas als Kind auf irgendeine Weise beeindruckt oder Dich abgehalten? Wohl kaum. Außer, wenn Du sowieso bereits unter einer Angststörung gelitten und ein überdurchschnittlich schreckhaftes Wesen von Geburt an gehabt hättest.
In beiden Extremfällen denkt man sich, dass da definitiv etwas mächtig schief läuft.
Grundsätzlich ist hier Diplomatie gefragt. Viele Pädagogen setzen auf Auszeiten und Vorteilsentzug. Dazu gibt es viele Ratgeber und Du musst schauen, welcher zu Dir und Deinem Kind passt.
Darf sich mein Kind wehren?
Wir haben Viktor weder beigebracht, dass er zurück schlagen (kratzen, beißen ‚etc,) soll noch, dass er die rechte Wange auch noch hinhalten muss. Nächstenliebe in Ehren. Es geht nämlich nicht darum, Deinem Kind Nehmerqualitäten beizubringen nach dem Motto: Du darfst Dich nicht wehren – egal was passiert. Man sollte dem Zwerg zeigen, dass er Kindern, die ihn angreifen klare Signale setzen muss.
Viktor lernte sowohl im Kindergarten als auch bei uns, dass es in Ordnung ist, dass er sich oder sein aktuelles Hab und Gut verteidigt. Ganz konkret hebt er die Arme vor das Gesicht und ruft laut und bestimmt: „Stopp, nein. Ich will das nicht“. Im Laufe der Zeit und mit wachsendem Bewusstsein entwickeln die Zwerge auch eigene Methoden. Aber anfangs benötigen sie eine gewisse Hilfestellung.
Es wird Phasen geben, da tauchen ungeliebte Verhaltensweisen wie Hauen oder Kratzen wieder auf. Zum Beispiel bei Krankheiten. Erfahrungsgemäß startet die Saison im Oktober. Viktor war zwei Wochen wirklich sehr krank und plötzlich meinte er, dass er seine eh bereits nervige Quengelei noch mit Gewalt gegen uns unterstreichen muss. Nachdem wir 27 Mal „Nein das will ich nicht. Das tut mir weh“ mit klarer, aber relativ leisem Ton gesagt haben, war der Spuk gleichzeitig mit der Krankheit nach einiger Zeit wieder vorbei.
Wenn Kinder sich selbst verletzen oder Nägel kauen
Was auch häufig zu Irritationen führt: Wenn Dein Zwerg sich selbst absichtlich durch Kratzen oder sonstiges verletzt oder plötzlich nervös wirkende Angewohnheiten wie Nägel kauen an den Tag legt. Ich kenne kaum ein Kind, dass so eine Phase nicht hatte und alle Eltern reagieren gleich: sie versuchen den Zwerg davon abzuhalten. Wir verhielten uns ähnlich und schrieben es uns für die nächste U-Untersuchung auf die Fragenliste der Kinderärztin.
Die wiederum zeigte kaum eine Reaktion, sondern meinte nur gelassen, dass sich das von alleine legt, wenn man dem Verhalten keine Aufmerksamkeit schenkt. Genau so war es am Ende. Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht mehr, wann Viktor damit aufhörte, da wir es tatsächlich komplett ignoriert haben und ohne dass wir es merkten, war das Nägelkauen verschwunden.
Das Allerwichtigste: Ganz gleich was passiert…mit unendlicher Liebe, Anpassungsfähigkeit auf die Phasen Deines Kindes, gnadenlose Geduld und einer Tonne Spucke wirst Du Dein Kind schon schaukeln.