WARUM LERNEN?: “WE DON´T NEED NO EDUCATION”
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Hausaufgaben? Lernen? Denke an Deine Zukunft? Ich dachte nur „Wen interessiert es! Ich möchte mit meinen Kumpels Nintendo zocken“. Warum sollte es unseren Kindern anders gehen als uns? Genau deswegen wiederholt sich Geschichte und man sitzt als Vater vor seinem gelangweilten, lernunwilligen Kind und weiß genau, wie er/sie sich fühlt. „Wofür soll ich das alles lernen, wenn auf mich doch gerade viel spannendere Dinge beschäftigen und interessieren?!“ Hm, sehr gute Frage.
Letztens hörte ich im Radio, dass Martin Luther vor einer Klasse Erstklässler gestanden haben soll, sich verneigte und sagte: „Guten Morgen, sehr verehrte zukünftige Herr Richter, Prediger, Kanzlerschreiber und Doktoren“. Vielleicht hätte so ein Satz meine Einstellung bereits verändert. Luther sah in den Kleinen bereits die Großen von Morgen und machte den Kindern damit deutlich: „Ihr könnt etwas. Etwas, was ihr euch bis jetzt noch nicht zugetraut habt“. Eine kleine Geste mit einer großen Wirkung und Aussage dahinter.
Ich werde versuchen in diesem Artikel ein wirklich komplexes und wichtiges Thema möglichst kurz zu halten. Dadurch werden einige Dinge hinten rüber fallen, aber Du kannst mir eine kurze Mail schreiben, wenn Du Dich damit näher beschäftigen möchtest. Dann sende ich Dir ausführliche Tipps, Studien und Links.
Status quo in den meisten Familien:
• Die meisten Eltern engagieren sich bei den Hausaufgaben ihrer Kinder – aber meist nicht auf eine zielführende Weise. Gerade bei schlechten Noten üben sie oft Druck aus und kontrollieren zu stark.
• Darunter leidet die Motivation des Kindes und die Schulleistungen sinken.
Lösung:
• Besser ist es, das Kind zum selbstständigen Arbeiten anzuregen und es zu unterstützen. So gewinnt es Vertrauen in seine Fähigkeiten.
Sollst Du als Vater überhaupt bei den Hausaufgaben helfen?
Pädagogisch betrachtet nein. Denn das entspricht eigentlich nicht dem Sinn von Hausaufgaben. Eine Studie fand sogar heraus, dass bei Kindern, die über Überwachung, Einmischung und Streit um die Hausaufgaben berichteten, sich ihre Leistung im Lauf des Schuljahres verschlechterte. Das bedeutet aber nicht, dass man sich aus den Hausaufgaben raushalten sollte, sondern es auf die Qualität der Unterstützung ankommt.
Wie lassen sich Kinder zum selbstständigen Lernen anleiten?
Eltern könnten das Konfliktpotenzial reduzieren, indem sie bei den schulbezogenen Zielen umdenken und das Thema wie im Büro handhaben:
Stelle Dir vor, Du hast kompetente Mitarbeiter, die am Montag erfahren, dass sie am Donnerstag um 9 Uhr ein Projekt bei Dir abzuliefern haben. Die Deadline ist somit klar. Hier denkst Du ja auch ergebnis- und prozessorientiert, denn das Ziel ist, dass das Projekt pünktlich bei Dir abgeliefert wird. Wann die Mitarbeiter das erledigen, ist Dir egal.
Und so mache es auch mit Deinem Kind. Statt “Mein Kind soll erst seine Hausaufgaben erledigen, dann darf es spielen” könnten man sagen “Es ist mir wichtig, dass mein Kind seine Hausaufgaben regelmäßig erledigt, den Zeitpunkt soll es mitbestimmen”.
Ermutige Dein Kind, eigenständig Lösungswege zu erarbeiten und helfe nur dann, wenn es den Wunsch dazu signalisiert. Wichtig ist, dass sich das Kind intensiv mit den Lerninhalten auseinandersetzt und sich individuell verbessert. Betone dann nicht zu häufig, was noch besser sein könnte, sondern freue Dich einfach über die Selbstständigkeit Deines Sprösslings.
Wie schafft man eine gute Lernatmosphäre?
Die Hausaufgabenzeit ist meist von negativer Stimmung geprägt – von Stress, Ungeduld oder gar Wut. Und das von beiden Seiten. Ich sage es Dir ungerne, aber oft ist es wie beim Computer. Da sitzt auch das eigentliche Problem VOR dem Bildschirm. So ist es auch häufig beim Kind. Du bist das Problem und nicht Dein Kind. Du bist z.B. ungeduldig, da Du noch viel anderes zu erledigen hast. Oder Du bist wütend, da Du im Büro Stress hattest mit einem Kollegen und Dein Kind ist in dem Augenblick das Ventil für Deinen Frust.
Manchmal kann es sinnvoll sein die Situation neu zu betrachten – also eine “Umbewertung” vorzunehmen: “Okay, mein Kind möchte im Moment von mir viel Unterstützung beim Lernen. Aber immerhin kann ich dadurch viel Zeit mit ihm verbringen. Das wird in ein paar Jahren vermutlich nicht mehr so sein.”
Was fördert die Lernmotivation?
Beim Thema Lobhudelei hatten wir bereits die unterschiedlichen Motivationsformen. Die intrinsische Motivation ist die innere, aus sich selbst entstehende Motivation eines jeden Menschen: bestimmte Tätigkeiten macht man einfach gern, weil sie Spaß machen, sinnvoll oder herausfordernd sind oder einen schlicht interessieren.
Die gute Nachricht für alle Männer, die ihren Nachwuchs nicht für die hellste Kerze auf dem Kuchen halten:
Laut einer Studie ist die Motivation für den Lernerfolg sogar wichtiger als die Intelligenz. Es käme nicht darauf an, wie schlau jemand ist, sondern auf die Motivation und auf geschickte Lernstrategien.
Lernen mit Freunden
Wettbewerb motiviert Kinder, und sie lernen voneinander. Probiere es mal aus und lasse Dein Kind die Hausaufgaben gemeinsam mit dem Freund oder der Freundin machen.
Das “Warum” kann motivieren
Und frage nicht ständig nach den Noten, sondern danach, was das Kind Interessantes in der Schule gelernt hat und machen ihm klar, wofür das Wissen im Leben nützlich ist. #DasWussteIchDamalsSchonNicht
Denn die Aussicht auf die spätere Jobwahl kann ein Anreiz sein. “Ich will später Informatiker werden, deshalb lerne ich für Mathe.”
Wer bestimmt die Maße an Hausaufgaben?
Wie viele Hausaufgaben darf ein Kind überhaupt aufhaben? Dies ist in den verschiedenen Bundesländern gesetzlich geregelt. Als Richtwert sollten Kinder die Arbeit in folgenden Zeiten selbstständig erledigen können: 1. und 2. Klasse: in 30 Minuten pro Tag; 3. und 4. Klasse: 60 Minuten, 5. und 6. Klasse: 90 Minuten, ab der 7. Klasse: 120 Minuten. Darüber hinaus verbieten die meisten Schulgesetze Hausaufgaben an Sonn- und Feiertagen sowie in den Ferien. Sollte Dein Kind wesentlich länger zum Erledigen der Hausaufgaben benötigen, erkundige Dich zum Beispiel am Elternabend, wie es den anderen geht. Unter Umständen geben die Lehrer tatsächlich zu viel auf oder sprechen sich nicht ab. Keinesfalls dürfen die Hausaufgaben dazu führen, dass Dein Kind zu wenig Schlaf bekommt.
Wie erhält das Lernen Struktur?
Manche Pädagogen empfehlen das Ausfüllen eines Hausaufgabenplans. In der Übersicht kann das Kind Erledigtes sprichwörtlich “abhaken”. Wichtig auch hier: Der Nachwuchs muss das Gefühl haben, dass er bei der Organisation mitbestimmt.
Was kann man sonst noch tun?
In der Ruhe liegt die Kraft und überlege, wie es Dir als Kind ging.
Aktionismus ist also unangebracht: Im Licht der Wissenschaft betrachtet scheint – zumindest in der Grundschule – noch nicht allzu viel davon abzuhängen, dass ein Kind Mengen von Hausaufgaben erledigt.
Das Allerwichtigste:
Und ganz grundsätzlich gilt, dass Lernen positiv besetzt muss. Lerninhalte, die unter Zwang und Druck gelernt werden, bleiben nicht. Eine gute und verständnisvolle Beziehung zu Eltern und Lehrern ist also die halbe Miete.