LOBHUDELEI TEIL 4: MATERIELLE BELOHNUNG ALS VERSTÄRKER?
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Teil 4 von 4: Ist materielle Belohnung als Verstärker problematisch?
Studien in den USA zeigen, dass ein Verhalten, das man mit Belohnung erreicht, nicht etwa verinnerlicht, sondern sofort wieder aufgegeben wird, wenn die Belohnung wegfällt: In einer Ernährungsstudie sollten Kinder zum regelmäßigen Kefirtrinken angehalten werden — ein Teil von ihnen bekam dafür etwas geschenkt, die anderen nicht. In der Kontrollgruppe — ohne Belohnung — blieben einige Kinder später beim Kefirtrinken und mochten es sogar, während die anderen es nach der Belohnungszeit geradezu verabscheuten und nie mehr anrühren wollten!
Beim Lob in Form materieller Belohnung lässt sich zudem noch schwerer abschätzen, was angemessen ist — “Wie viel Geld wofür?” Die “Stärke des Lobes” wird abhängig davon, welche finanziellen Mittel man hat, und schließlich ist die Suchtgefahr hier noch größer: Was kriege ich dafür, wenn?
Worum geht es Kindern primär? Um die Bewertung ihres Handelns?
Um die Wahrnehmung ihrer Person — nicht um die Bewertung ihrer Handlungsweisen. Wenn sie tatsächlich bewertet werden wollen, werden sie es auch einfordern. Wenn Kinder von Anfang an gewohnt sind, dass die Eltern immer beurteilen, was sie sehen, werden sie sich schnell daran gewöhnen. Und es setzt sie unter Leistungsdruck — denn sie fürchten durchaus, dass sie nicht gut genug sein könnten und unser Wohlwollen dann schwindet. Wir dürfen nicht vergessen, dass sich unser eigener Wissens- und Erfahrungshorizont über Jahrzehnte aufgebaut und geformt hat. Ein kleines Kind denkt und fühlt ganz anders als wir — es ist sich unserer Liebe eben nicht ohne weiteres sicher.
Wird ein Kind wahrgenommen statt wertend gelobt, wird es das Gefühl, Leistungen vollbringen zu müssen, um Zuneigung zu erhalten, vermutlich nicht entwickeln. Vielmehr wird es vornehmlich aus einer inneren Motivation heraus handeln und sich von Leistungen unabhängig angenommen und geliebt fühlen. Und es wird sich nicht fragen, was passiert, wenn es mal keine “tollen Leistungen” vollbringt.
Kinder verlernen leider sehr schnell, sich am Ergebnis oder auch einfach nur am Handeln zu erfreuen. Sie haben sich oft schon vollkommen daran gewöhnt, dass ständig ihre Leistungen bewertet werden — auch ungefragt. Sie beginnen dann auch häufig, diese Bewertung aktiv einzufordern — z. B. durch die einfache Frage “(Wie) gefällt dir das?” Sie scheinen aktiv nach Bestätigung zu suchen. Das ständige Feedback geben und Rückversichern stört übrigens auch langfristig das Lernen und den Flow.
„Sich abzuwenden, das Kind zu ignorieren, sind mit das Schlimmste, was man einer Person, die am Anfang ihrer Entwicklung steht, antun kann“
„Worte sind übrigens nur ein Teil unserer Kommunikation. Mimik und Gesten sind gerade bei der Frage nach Lob und Tadel besonders entscheidend“, sagt er. Ein Lächeln, ein Augenzwinkern, eine Umarmung könne einem Kind genauso – manchmal noch besser – signalisieren, dass Eltern es tatsächlich in seinem Wesen und Wirken wahrnehmen.
Nehmen Eltern selten Blickkontakt auf, sind Stimme und Gesichtsausdruck, oft abwehrend, nehmen sie ihrem Kind hingegen das Selbstwertgefühl. Die Mutter oder der Vater sind nicht mehr greifbar. „Sich abzuwenden, das Kind zu ignorieren, sind mit das Schlimmste, was man einer Person, die am Anfang ihrer Entwicklung steht, antun kann“, sagt Neubert. Darüber sind sich Pädagogen, Psychologen und andere Erziehungsexperten einig. Solange die Haltung der Eltern „empathisch“ und „zugewandt“ ist, können Eltern in Fragen der Erziehung gar nicht so viele Fehler machen, wie viele befürchten, sagt Neubert.