LOBHUDELEI Teil 2: MANIPULIERE ICH MEIN KIND MIT LOB? TEIL 2
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Teil 2 von 4: Loben im Laufe der Kindheit
Ich persönlich glaube ja (ohne pädagogischen Hintergrund), dass es meist so ist: Eltern loben ihr Kind in den ersten Jahren für jeden Pups. Im wahrsten Sinne des Wortes. Inflationär werden da die Lobeshymnen gesungen und der kleine Star glaubt, er wäre das größte Genie seit Menschengedenken, da er den Knopf der Kaffeemaschine drücken kann oder zumindest wird er ein gutverdienender Ingenieur, dem „nix zu schwör“ ist mit diesem enormen technischen Talent. #GottBewahreDassDerZwergHerausfindet,DassDemNichtSoIst.
In Deutschland erhalten Kinder 10 Mal mehr Kritik als Lob
Dann folgt die Phase im Schulalter, in der Eltern ihren Sprössling eher kritisieren als loben. Laut Studien erhält man ab einem gewissen Alter sogar 10 Mal mehr Kritik als Lob in Deutschland.
Und wenn man später als Student von seinem Dozenten gefragt wird „Wann seid ihr das letzte Mal von euren Eltern gelobt worden? Da muss man schon einmal tiefer graben, so lange kann das letzte Lob der Eltern her sein. Und bei der folgenden Frage: Wie ist das geschehen und was hat euch darüber gefreut beziehungsweise was fandet ihr nicht gut? Da setzen dann in der Tat Reflexionsprozesse ein, die einen selbst überraschen.
Eigentlich schon fast erschreckend, wie sich das Ganze entwickelt. Es wäre doch erstrebenswert, wenn man von Anfang an sein Kind ermutigt — ohne gleich vor Stolz über sein erstes Kötzerchen auszuflippen. Aber auch später sein erwachsenes Kind lobt und seine Leistungen anerkennt – ohne zu glauben, dass es das schon selber weiß und meint, es würde ein gut getarntes Lob á la „Na jetzt hast Du ja endlich Deinen Abschluss und liegst mir nicht mehr auf der Tasche“ genügen.
Was ist der Unterschied zwischen manipulativem und ehrlichem Lob?
Jeder sehnt sich nach Lob und Anerkennung von anderen Menschen. Man möchte dazu gehören und gesehen werden — all dies drücken wir durch Lob aus.
Lob hat jedoch viele Gesichter: es gibt ehrliches und manipulatives Lob. Wir wünschen uns natürlich ein ehrliches “Gut gemacht/Das Essen schmeckt köstlich” von unserem Chef/Partner. Manipulatives Lob erkennen wir schnell und es nervt uns, wenn man nur gelobt wird, da dieser ein bestimmtes Ziel erreichen will.
Das Lob muss inhaltlich sein. Es muss ehrlich gemeint sein und darf nicht floskelhaft wirken. Kinder spüren schon in sehr jungen Jahren, ob man sich mit ihnen ernsthaft beschäftigt oder ob ein Interesse „nur gespielt“ sei.
Wichtig ist es zum Beispiel, dass man Kinder für Dinge lobt, wenn man merkt, sie entwickeln sich bzw. sie entwickeln sich weiter. Bei kleinen Kindern passiert das sicherlich öfter als bei großen Kindern.
Entwicklungspsychologen raten zum Beispiel davon ab, Kinder zu loben, wenn sie von sich aus positives Verhalten zeigen. Denn sie lernen so nicht, dass sie etwas richtig gemacht haben, sondern dass es eine Möglichkeit ist, Aufmerksamkeit zu bekommen. Lob kann zu einer regelrechten Sucht führen.
Hierzu hat zum Beispiel der Neurowissenschaftler Professor Emrah Düzel von der Universität Magdeburg geforscht: Durch Lob wird im Gehirn das Belohnungszentrum angeregt, das heißt, es wird Dopamin ausgeschüttet. Dieser Botenstoff motiviert zum Lernen neuer Dinge. Kommt ein Lob zu schnell, zu leicht oder zu oft, stumpft das System ab. Und wenn es dann unerwartet ausbleibt, können sogar Entzugserscheinungen auftreten — Frust, Selbstzweifel oder sogar Depressionen.
Was geschieht mit meinem Kind, wenn ich es inflationär lobe?
Der letzte Artikel endete mit der Frage: Wie soll man reagieren, wenn ein Kind zum Beispiel den Tisch abräumt, auf der Rutsche steht und einem zuruft oder ein Bild gemalt hat und einem dieses „Kunstwerk“ unter die Nase hält?
Unser Kind fühlt sich von uns ganz besonders anerkannt und angenommen, wenn wir es loben. Im Laufe der Zeit kann der Eindruck bei dem Kind erweckt werden, dass etwas “erbracht” werden muss, um die positive Zuwendung der Person zu erhalten. Im kindlichen Unterbewusstsein entsteht die Verknüpfung: “Wenn ich mich entsprechend verhalte, wie Papa es sich wünscht oder ich außergewöhnliche Dinge vollbringe, dann bekomme ich Zuneigung”.
Zudem kann häufiges Loben dazu führen, dass es bestimmte Tätigkeiten nur noch mit dem Ziel, gelobt zu werden, macht — nicht mehr, weil es selbst die Tätigkeit als wichtig erkennt oder selbst motiviert ist.