DER KLASSENCLOWN: ABLENKUNG TUT NOT BEI UNFÄLLEN
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Ich war vor Kurzem auf dem Spielplatz und plötzlich schrie ein Kind vor Schmerz. Ich nahm meinen Sohn unter den Arm und rannte zu einer Meute von Kindern. Der Junge auf dem Boden war ungefähr 12 Jahre alt und hatte sich am Bein und an der Hand beim Raufen verletzt. Ein tagtäglicher Unfall. Seine Mutter kam angerannt und ich sagte ihr, dass ich bei ihrem Sohn bleibe bis sie den Erste-Hilfe-Kasten aus der Wohnung geholt hat.
Ich pustete und beruhigte, was das Zeug hielt, aber der Junge wurde nur noch panischer. Und dann geschah etwas Beeindruckendes. Aus dem Pulk der Kinder kam ein lustig aussehender Knabe zu uns und fing an Salzbrezel wie Flugzeuge in den Mund des Verletzten fliegen zu lassen und in Babysprache mit ihm zu sprechen „Oh schau, mache das Mündchen auf, denn da fliegt ein Flugzeug zu Dir“. Der andere Junge presste den Mund zusammen und fing an zu gibbeln und versuchte den Spaßvogel wegzustoßen. Doch der ließ sich nicht abwimmeln und machte gnadenlos weiter. Nach einer Weile kam die Mutter wieder und fand ihren Sohn lachend und wild Brezeln um sich schmeißend vor.
Was war geschehen? Der Klassenclown hatte das einzig Richtige getan: Er hatte den Jungen von seinen Verletzungen solange abgelenkt bis er mit Kühlpads und Co verarztet werden konnte.
Am selbigen Tag meinte mein Sohn die große Rutsche runterlaufen statt rutschen zu müssen. Natürlich landete er ungebremst auf seinem Gesicht und blutete aus dem Mund. Bis ich den Sand aus allen Körperöffnungen beseitigt hatte, um zu sehen, wie viele Zähne fehlten, dauerte es gefühlt Stunden.
Doch statt mit panischem Gesichtsausdruck an ihm zu hantieren und zu tadeln, wie dumm sein Verhalten war, versuchte ich meine neu erlernte Methode und versuchte ihn positiv zu motivieren, nachdem er erst einmal drei Runden in meinem Arm geweint hatte und ich seinen Schmerz mit Verständnis ernst genommen hatte. Ich betonte, dass das zwar eine schmerzhafte Dummheit war, aber irgendwie auch ein bißchen Tollkühnheit dazu gehört, um sich von der Rutsche zu stürzen.
Ich weiß, Erziehungstechnisch 6 setzen, aber ernsthaft Leute: Der Junge (90 cm hoch) ist eine Rutsche runter gerannt mit einem Neigungswinkel von mindestens 50–60 Grad und 2,50m Länge. So einer Aktion muss ich Respekt zollen, denn ich hätte mich das nicht getraut – weder mit 2 noch mit 82 Jahren.