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LOB­HU­DE­LEI TEIL 4: MATE­RI­EL­LE BELOH­NUNG ALS VER­STÄR­KER?

By on 19. September 2017

[3 Minu­ten — durch­schnitt­li­che Lese­zeit]

Teil 4 von 4: Ist mate­ri­el­le Beloh­nung als Ver­stär­ker pro­ble­ma­tisch?

Stu­di­en in den USA zei­gen, dass ein Ver­hal­ten, das man mit Beloh­nung erreicht, nicht etwa ver­in­ner­licht, son­dern sofort wie­der auf­ge­ge­ben wird, wenn die Beloh­nung weg­fällt: In einer Ernäh­rungs­stu­die soll­ten Kin­der zum regel­mä­ßi­gen Kefir­trin­ken ange­hal­ten wer­den — ein Teil von ihnen bekam dafür etwas geschenkt, die ande­ren nicht. In der Kon­troll­grup­pe — ohne Beloh­nung — blie­ben eini­ge Kin­der spä­ter beim Kefir­trin­ken und moch­ten es sogar, wäh­rend die ande­ren es nach der Beloh­nungs­zeit gera­de­zu ver­ab­scheu­ten und nie mehr anrüh­ren woll­ten!

Beim Lob in Form mate­ri­el­ler Beloh­nung lässt sich zudem noch schwe­rer abschät­zen, was ange­mes­sen ist — “Wie viel Geld wofür?” Die “Stär­ke des Lobes” wird abhän­gig davon, wel­che finan­zi­el­len Mit­tel man hat, und schließ­lich ist die Sucht­ge­fahr hier noch grö­ßer: Was krie­ge ich dafür, wenn?

Wor­um geht es Kin­dern pri­mär? Um die Bewer­tung ihres Han­delns?

Um die Wahr­neh­mung ihrer Per­son — nicht um die Bewer­tung ihrer Hand­lungs­wei­sen. Wenn sie tat­säch­lich bewer­tet wer­den wol­len, wer­den sie es auch ein­for­dern. Wenn Kin­der von Anfang an gewohnt sind, dass die Eltern immer beur­tei­len, was sie sehen, wer­den sie sich schnell dar­an gewöh­nen. Und es setzt sie unter Leis­tungs­druck — denn sie fürch­ten durch­aus, dass sie nicht gut genug sein könn­ten und unser Wohl­wol­len dann schwin­det. Wir dür­fen nicht ver­ges­sen, dass sich unser eige­ner Wis­sens- und Erfah­rungs­ho­ri­zont über Jahr­zehn­te auf­ge­baut und geformt hat. Ein klei­nes Kind denkt und fühlt ganz anders als wir — es ist sich unse­rer Lie­be eben nicht ohne wei­te­res sicher.

Wird ein Kind wahr­ge­nom­men statt wer­tend gelobt, wird es das Gefühl, Leis­tun­gen voll­brin­gen zu müs­sen, um Zunei­gung zu erhal­ten, ver­mut­lich nicht ent­wi­ckeln. Viel­mehr wird es vor­nehm­lich aus einer inne­ren Moti­va­ti­on her­aus han­deln und sich von Leis­tun­gen unab­hän­gig ange­nom­men und geliebt füh­len. Und es wird sich nicht fra­gen, was pas­siert, wenn es mal kei­ne “tol­len Leis­tun­gen” voll­bringt.

Kin­der ver­ler­nen lei­der sehr schnell, sich am Ergeb­nis oder auch ein­fach nur am Han­deln zu erfreu­en. Sie haben sich oft schon voll­kom­men dar­an gewöhnt, dass stän­dig ihre Leis­tun­gen bewer­tet wer­den — auch unge­fragt. Sie begin­nen dann auch häu­fig, die­se Bewer­tung aktiv ein­zu­for­dern — z. B. durch die ein­fa­che Fra­ge “(Wie) gefällt dir das?” Sie schei­nen aktiv nach Bestä­ti­gung zu suchen. Das stän­di­ge Feed­back geben und Rück­ver­si­chern stört übri­gens auch lang­fris­tig das Ler­nen und den Flow.

Sich abzu­wen­den, das Kind zu igno­rie­ren, sind mit das Schlimms­te, was man einer Per­son, die am Anfang ihrer Ent­wick­lung steht, antun kann“

Wor­te sind übri­gens nur ein Teil unse­rer Kom­mu­ni­ka­ti­on. Mimik und Ges­ten sind gera­de bei der Fra­ge nach Lob und Tadel beson­ders ent­schei­dend“, sagt er. Ein Lächeln, ein Augen­zwin­kern, eine Umar­mung kön­ne einem Kind genau­so – manch­mal noch bes­ser – signa­li­sie­ren, dass Eltern es tat­säch­lich in sei­nem Wesen und Wir­ken wahr­neh­men.

Neh­men Eltern sel­ten Blick­kon­takt auf, sind Stim­me und Gesichts­aus­druck, oft abweh­rend, neh­men sie ihrem Kind hin­ge­gen das Selbst­wert­ge­fühl. Die Mut­ter oder der Vater sind nicht mehr greif­bar. „Sich abzu­wen­den, das Kind zu igno­rie­ren, sind mit das Schlimms­te, was man einer Per­son, die am Anfang ihrer Ent­wick­lung steht, antun kann“, sagt Neu­bert. Dar­über sind sich Päd­ago­gen, Psy­cho­lo­gen und ande­re Erzie­hungs­ex­per­ten einig. Solan­ge die Hal­tung der Eltern „empa­thisch“ und „zuge­wandt“ ist, kön­nen Eltern in Fra­gen der Erzie­hung gar nicht so vie­le Feh­ler machen, wie vie­le befürch­ten, sagt Neu­bert.

Wie man es dann tat­säch­lich macht, ent­schei­det am Ende der gesun­de Men­schen­ver­stand.

Bild­nach­weis: Flickr | The Adven­tures of Win­nie the Pooh — Magic King­dom | Haydn Bla­ckey
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