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DER SCHNUL­LER: EINE HASS­LIE­BE

By on 29. August 2017

[3 Minu­ten — durch­schnitt­li­che Lese­zeit]

Mei­ne gro­ße Hass­lie­be: der Schnul­ler. Sel­ten habe ich zu einem Objekt solch ein zwie­späl­ti­ges Ver­hält­nis inner­halb von zwei Jah­ren durch­lebt. Bei der Geburt von Vik­tor gab die Schwie­ger­ma­ma uns den Rat, dass wir unbe­dingt und unter gar kei­nen Umstän­den auf einen Schnul­ler ver­zich­ten soll­ten, da sie ihren Kin­dern aus dama­li­gen Erzie­hungs­ratge­bern her­aus kei­nen gab und es die Höl­le auf Erden laut ihr war. Als sie spä­ter ver­such­te, ihn aus Ver­zweif­lung ihren Kin­dern doch noch schmack­haft zu machen, war es zu spät und eine Zahn­span­ge brauch­ten sie trotz­dem. Ein Buch (Das glück­lichs­te Baby der Welt) bestärk­te uns in die­sem Gedan­ken und so stand es außer Fra­ge, dass Vik­tor einen Schnul­ler bekam. Vor allen Din­gen: Bes­ser Schnul­ler als Dau­men nuckeln.

Ohne den Schnul­ler, wären Lisa und ich wahr­schein­lich bereits noch älter, grau­er und nerv­li­cher am Ende. In den meis­ten Situa­tio­nen konn­te der Schnul­ler ein schrei­en­des Stück Unglück in ein ent­spann­tes Bün­del Glück ver­wan­deln. Zwi­schen­durch hät­ten wir dem Erfin­der am liebs­ten einen Nobel­reis für die Kate­go­rie Frie­dens­be­mü­hun­gen pos­tum ver­lie­hen. So sehr lieb­ten wir das klei­ne Stück Kunst­stoff.

LIEB­TEN. Denn ab dem zwei­ten Lebens­jahr des Kin­des wur­de unse­re Bezie­hung zu dem guten Stück ein wenig — nen­nen wir es mal schwie­rig. Schwie­rig inso­fern, da die Zahn­ärz­te die Alarm­glo­cken läu­ten und man selbst das Gefühl hat, dass der eige­ne Zwerg eigent­lich zu groß dafür ist. Er sieht das natür­lich ganz anders und sei­ne Lie­be zu die­sem Gegen­stand ist uner­schüt­ter­lich und schon mal gar nicht mit mate­ri­el­len Ersatz­ge­gen­stän­den zu erkau­fen. Irgend­wie fin­det man das sogar mora­lisch betrach­tet einen fei­nen Zug von ihm, denn es spricht für den Zwerg, dass er sei­ne roman­ti­sche Bezie­hung zu sei­nem Schnul­ler nicht gegen ein Auto oder Kuschel­tier ein­tau­schen möch­te.

Doch vie­le Fak­to­ren geben Dir recht: Dein Kind kann nicht nur lau­fen, son­dern ver­sucht mehr oder weni­ger leid­lich zu spre­chen. Das führt dazu, dass es mit Schnul­ler im Mund nur schwer­lich reden kann und Du Dir denkst: „Hm, wie wer­de ich die­ses Din­gen los ohne, dass mein Nach­wuchs über Wochen Tob­suchts­an­fäl­le hat und die Nacht zum Tage macht“.

Wir woll­ten einen Urlaub für die Ent­wöh­nung tags­über nut­zen. Wir sag­ten ihm dort, dass der Schnul­ler nur noch im Bett genutzt wer­den darf und sobald er auf­steht, muss er ihn in eine Scha­le legen. Sobald er trotz­dem tags­über nach ihm ver­lang­te, erklär­ten wir Vik­tor, dass er ja wis­se, dass er dann ins Bett müs­se. Nach ein paar Tagen hat­te er die neu­en Regeln akzep­tiert und frag­te noch nicht ein­mal mehr danach. Denn ins Bett gehen, wenn man drau­ßen super Sand­bur­gen bau­en konn­te, kam schon mal gar nicht in die Tüte.

Zwei Mona­te spä­ter dach­ten wir, jetzt wo er in der Kita noch nicht ein­mal mehr zum Mit­tags­schlaf einen Schnul­ler benö­tigt, wäre der gro­ße Augen­blick der Kom­plett-Ent­wöh­nung gekom­men.

Wir frag­ten sechs Freun­de im Rat und erhiel­ten genau­so vie­le Tipps. Ich ahn­te, dass das The­ma mich län­ger beschäf­ti­gen wird. Wir began­nen unse­rem Sohn Geschich­ten von der Schnul­ler­fee zu erzäh­len. Mit mäßi­gem Erfolg. Er war nach einer Woche Bericht­erstat­tung über die Geschen­ke der Schnul­ler­fee am nächs­ten Mor­gen zwar heiß wie Lum­pi dar­auf sei­nen Schnul­ler am Abend in eine Kis­te zu ver­pa­cken und an die Fee zu ver­sen­den, änder­te sei­ne Mei­nung aber bereits nach einer Stun­de. Gutes Zure­den ende­te mit einem Heul­krampf bis man die Schnul­ler­fee anrief und bat, dass sie das Paket umge­hend wie­der zurück­schi­cken müs­se und ihr doo­fes Geschenk behal­ten soll.

Vik­tor war ziem­lich genau 2 Jah­re, als er beschloss, dass es nun doch soweit sei und er kei­nen Schnul­ler mehr benö­tigt. Ein­fach so. Aus dem Nichts. Nach eini­gen Wochen ver­lang­te er wie­der danach. Damit hat­ten wir gerech­net, denn vie­le Freun­de erzähl­ten uns, dass es immer wie­der Situa­tio­nen (wie Krank­hei­ten, Alp­träu­me, etc.) gibt, in denen die Zwer­ge die­sen wun­der­ba­ren Beru­hi­gungs­freund ver­lan­gen. In die­sen Augen­bli­cken müs­se man kon­se­quent blei­ben.

Wir ent­schie­den uns dafür, dass wir mit Vik­tor bespre­chen, dass er für Not­fäl­le einen Schnul­ler bekommt. Sprich wenn er krank ist, neue Babys in die Kita kom­men oder er Angst hat – aber auch das nur in sei­nem eige­nen Bett. Das funk­tio­niert über­ra­schend gut. Nächs­ter Step: Win­deln los­wer­den. Das wird auf jeden Fall noch ein­mal rich­tig lus­tig. #IWill­Kee­pY­ouIn­T­he­Loop

Bild­nach­weis: Flickr | Bye bye Schnul­ler | Gui­do Heit­koet­ter
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